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Die Ibisse des Kranikus

  • Kategorie: Taschenbuch
  • Umfang: 158 Seiten
  • Autor: Werner Julius Frank
  • ISBN10: 978-3-00-028455-7

9,80 €

zzgl. 2,- € Versandgebühr innerhalb Deutschland

Endlich ist es soweit: Das neue Buch „Die Ibisse des Kranikus“ von Werner Julius Frank ist da!

Wieder mal erwarten uns witzige, wortverdrehte Geschichten: Es gibt ein Wiederlesen mit Krake, dem Anarchisten, Alberto, dem Sonnenkind aus Napoli, und der partei-bunten Dorfgemeinschaft aus Heinbüll.

Anglizismen werden genauestens „übersetzt“ und in Werner J. Franks typischer Art aufs Korn genommen: Da wundert man sich über die vielfältigen Einsatzbereiche von „Multifunctional Paper“, man fragt, ob sich unter „Flat Rate“ Verwandtschaft der gemeinen Hausratte verbirgt und ist erstaunt, daß eine Freizeithose über „Boot-Loc“, „Safepockets“ und „High-Tech Surface-Coating” verfügen muß.

Leseprobe

„Sie verkaufen weder den Sommer noch den Schluß, sie verkaufen, weil mit dem Sommer Schluß ist;, sagte ich deshalb. „Ist aber nicht“, erwiderte Alberto, „Sommer hat nicht fertig. Schau’ aus Fenster! Sommer wie in Napoli.“

Um so besser, dachte ich. Wenn der Schlußverkauf immer solches Wetter zur Folge hätte, sollten sie ihn das ganze Jahr über betreiben. Ich wunderte mich, daß Alberto mit dieser Auskunft zufrieden war, normalerweise ist eine derartige Frage der Auftakt zu einer ausgiebigen Diskussion. Wir stiegen ein und fuhren weiter. Alberto lehnte sich wieder zurück, betrachtete die Landschaft. „Biegen Sie in 100 Metern rechts ab!“ säuselte plötzlich die Stimme aus dem NAVI. Und dann nochmals: „Biegen sie rechts ab.“

Ich bog. Die Stimme empfahl mir, nunmehr geradeaus zu fahren, als Alberto sie unterbrach.

„Du gesehen?“ rief er aufgeregt.

„Was gesehen?“ fragte ich.

„Plakat“, antwortete Alberto.

„Welches Plakat?“

„Das mit ‚Kinderflohmarkt’!“

Nun war’s passiert, den Sommerschlußverkauf hatte ich noch abwehren können. Mit dem Kinderflohmarkt würde es schon bedeutend schwieriger werden. Das Unheil begann sei­nen Lauf zu nehmen. Gleich würde er danach fragen. Fragte er auch.

„Was ist ‚Flohmarkt’?“

„Ein Markt, auf dem sie gebrauchte Sachen verkaufen.“

„Keine Flöhe?“

„Keine Flöhe. Das Wort ‚Flohmarkt’ stammt aus dem Mittelalter. Die Fürsten haben zu jener Zeit den einfachen Menschen ab und zu ihre gebrauchten Kleider geschenkt. Diese Leute haben dann damit gehandelt, die Kleider weiter verschachert. Dabei wechselte auch der eine oder andere Floh den Besitzer. So bekam der Markt seinen Namen.“

„Und ‚Kinderflohmarkt’? Verkaufen gebrauchte Kinder?“ „Nein, keine Kinder, nur Sachen für Kinder.“

„Warum sagt ihr dann nicht ‚Kindersachenflohmarkt’?“

„Weiß ich nicht, heißt eben so. Ist in deiner Sprache auch so, ihr nennt es mercato delle pulci.“

„Aber wir verkaufen keine Kinder!“

„Wir auch nicht.“

Alberto lehnte sich wieder zurück. Er hatte die rechte Hand an die Stirn gelegt, als müßte er seine Augen gegen das Sonnenlicht schützen. Vermutlich nur ein Vorwand, mir schien, daß er heftig nachdachte. Wahrscheinlich über die germanischen Barbaren, die ihre Kinder auf einem Markt verhökerten.

„Ihr habt komische Sprache“, bemerkte er nach einer Weile, „auf Blumenmarkt gibt Blumen, auf Pferdemarkt gibt Pferde. Aber auf Kindermarkt gibt keine Kinder. Non è lògico.“

„Es heißt aber nicht Kindermarkt sondern Kinderflohmarkt. Das ist etwas anderes. Ist wie vorhin, bei dem Sommerschlußverkauf. Sie verkaufen, weil der Sommer ein Ende hat.

„Capisco“, sagte er, „verstehe. Verkaufen nicht Kinder, auch nicht Flohe, sondern weil Kind Flohe hat.“

„Es heißt Flöhe, die Mehrzahl von Floh ist Flöhe.“

„Dann muß ‚Kinderflöhemarkt’ heißen!“